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#Editorial

04.11.2014

#Editorial

Herr Pechlivanos, wir hören die ganze Zeit, Griechenland sei bankrott und da gründet die Freie Universität Berlin ein „Centrum Modernes Griechenland“. Wie modern ist Griechenland heute und was hat das Zentrum damit zu tun?

Das antizyklische Investieren ist unter den Börsen-strategien ein bewährtes Konzept. Wieso denn nicht wissenschaftliche interkulturelle Arbeit als Langzeitanlage konzipieren? A propos, die Bedeutungsmöglichkeiten von “modern” sind “gegenwärtig” (Gegenbegriff: vorherig), “neu” (Gegenbegriff: alt), “vorübergehend” (Gegenbegriff: ewig). Das Centrum widmet sich dem neuzeitlichen und zeitgenössischen Griechenland, in dessen produktiven Spannungen mit dem antiken und dem mittelalterlichen.

Das Geld dafür kommt auch aus Griechenland?

Ja, von der weltweit agierenden Stavros Niarchos Stiftung, die zurzeit in Griechenland besonders aktiv ist und sich der gesellschaftlichen Verantwortung mit Engagement stellt.

Was kann Deutschland heute von Griechenland lernen?

Dass die zivilgesellschaftliche Kontrolle der Eliten das Fundament unserer Demokratie ist. Man weiß wohin der Populismus und die Politikverdrossenheit führen. Bis vor einem Jahr verteilte die neonazistische “Goldene Morgenröte” Lebensmittel “nur für Griechen” mit dem Horst-Wessel-Lied als Hintergrundsmusik.

Haben die Griechen zurzeit nicht andere Sorgen als die Kultur zum Beispiel?

Die Explosion der freien Theaterbühnen im Athen der Finanznot oder der sogenannte griechische Weird Wave im Film verkomplizieren das Bild. Im Kontext allerdings der deutsch-griechischen Beziehungen, die das CeMoG dokumentieren wird, bereiten die Hartnäckigkeit etlicher bilateraler Vorurteile und Stereotypen und der Euroskeptizismus große Sorgen.

Ab wann wird es wieder gute Nachrichten aus Griechenland geben?

Wenn Sie mehr als mediale Aufmerksamkeit meinen, hoffen wir, im CeMoG während der nächsten acht Jahre gute Nachrichten vermitteln zu dürfen. Und vielleicht mehr: durch bilaterale wissenschaftliche Netzwerkarbeit Bedingungen für die Möglichkeit einiger guter Nachrichten zu schaffen.

(Das Interview mit Miltos Pechlivanos führte Volker Weidemann und wurde in der FAS vom 8.6.14 veröffentlicht.)