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17.07.2020

Isabella Schwaderer: Platonisches Erbe, Byzanz, Orthodoxie und die Modernisierung Griechenlands. Schwerpunkte des kulturphilosophischen Werkes von Stelios Ramfos (Bildquelle: Peter Lang)

Isabella Schwaderer: Platonisches Erbe, Byzanz, Orthodoxie und die Modernisierung Griechenlands. Schwerpunkte des kulturphilosophischen Werkes von Stelios Ramfos (Bildquelle: Peter Lang)

Der 15. Band der Reihe „Erfurter Studien zur Kulturgeschichte des Orthodoxen Christentums“, herausgegeben von Vasilios N. Makrides, widmet sich dem Werk von Stelios Ramfos, einem der bedeutendsten zeitgenössischen Denker Griechenlands. Isabella Schwaderer hebt in ihrer Monographie Platonisches Erbe, Byzanz, Orthodoxie und die Modernisierung Griechenlands Schwerpunkte des kulturphilosophischen Werkes (so auch der Titel) von Stelios Ramfos hervor. Das CeMoG plant, Stelios Ramfos nach Berlin einzuladen und als eine Art Vorbereitung dazu veröffentlichen wir einen Auszug aus der Einleitung der Monographie, und bedanken uns bei dieser Gelegenheit bei der Autorin und dem Verlag Peter Lang. Das Buch erhalten Sie direkt unter www.peterlang.com oder im (Online-)Buchhandel.

Η Isabella Schwaderer δημοσίευσε τη μονογραφία της με θέμα το έργο και τη σκέψη του Στέλιου Ράμφου σε σειρά που επιμελείται ο καθηγητής Βασίλειος Μακρίδης. Το CeMoG αναδημοσιεύει ένα τμήμα της εισαγωγής ως προετοιμασία των αναγνωστών μας για την πρόσκληση που προετοιμάζουμε στον έλληνα διανοούμενο.

Einleitung aus dem Buch Platonisches Erbe, Byzanz, Orthodoxie und die Modernisierung Griechenlands (2018)

Thematische Einführung

Stelios Ramfos, dessen kulturphilosophisches Profil Thema der vorliegenden Untersuchung sein soll, ist eine in der heutigen griechischen intellektuellen Öffentlichkeit außerordentlich präsente und auch nicht unumstrittene Persönlichkeit. Seit den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts wendet er sich mit regelmäßigen Beiträgen in Zeitungen an ein breites Publikum und hält Vorlesungen über Philosophie und Theologie in privaten Bildungseinrichtungen der Hauptstadt, die eher einem kleineren Zirkel vorbehalten sind.

Die jüngste Staatsschuldenkrise, die daraus resultierenden massiven gesellschaftlichen Verwerfungen und das daraus folgende Gefühl der Unsicherheit in der Bevölkerung bescherten ihm jedoch schlagartig weit größere Bekanntheit und machten ihn zu einem beliebten Gast in Talkshows im Rundfunk und Fernsehen. Was Ramfos für das griechische Publikum so interessant macht, ist seine stellenweise durchaus eigenwillige Position zu nationalen Themen, etwa die Rolle der griechischen Kultur und Sprache im Allgemeinen sowie die Position Griechenlands in Europa und der Welt, Fragen also, die in Zeiten der Krise als besonders dringlich empfunden werden.

Im Zusammenhang mit den vielfältigen europaskeptischen Stimmen aus nahezu allen Mitgliedsstaaten bildet Griechenland allerdings auch keine Ausnahme, und so ist die Betrachtung des Werks eines kulturphilosophischen Autors wie Ramfos ein Beitrag zur Analyse der ideologischen Positionen Griechenlands im Verhältnis zur Europäischen Union. Ramfos’ Werk ist zum einen sehr umfangreich und erstreckt sich über die gesamte Zeit der griechischen Mitgliedschaft bei der Staatengemeinschaft (seit 1981).

Es beinhaltet zudem die zentralen Themen der griechischen Identität, nämlich Antike und Orthodoxie, Sprache und Philosophie, Marxismus und Politik, und nicht zuletzt kann man bei Ramfos auch eine wichtige ideologische „Kehre“ in den späten neunziger Jahren feststellen, die in mancherlei Hinsicht auch symptomatisch für die Haltung eines großen Teils der griechischen Bevölkerung ist: das grundsätzliche Misstrauen gegenüber dem Westen und Europa im Besonderen weicht einer breiten Zustimmung, die im Zuge der Krise später allerdings wieder heftig ins Wanken gerät. Somit soll diese Arbeit einen Intellektuellen in seinem Werdegang darstellen und sein breites Werk zum ersten Mal systematisch in die griechische Geistesgeschichte einordnen. Das Verhältnis Griechenlands zum Westen und zu Europa ist hierbei eine Art Leitmotiv, das sich durch die gesamte Breite der behandelten Themen hindurchzieht.

Im weitesten Sinne sucht Ramfos nach den geistigen Wurzeln des heutigen Griechenlands, und für dieses Land mit dem immensen kulturellen Erbe liegt, so legt er nahe, der Schlüssel zum Verständnis in der Vergangenheit. In der Vergangenheit, dem größten Kapital, über das dieser kleine Staat im Südosten Europas verfügt, und insbesondere in seinem spirituellen Erbe zwischen Antike und Orthodoxie, sucht Ramfos also nach den Gründen für die Sonderstellung seines Landes in der europäischen Gemeinschaft.

Viel von dieser Besonderheit Griechenlands führt er auf den großen Einfluss des orthodoxen Christentums zurück, das Geschichte und Mentalität des Landes stark geprägt hat. In gewisser Weise setzt er so Max Webers Annahme von der wechselseitigen Abhängigkeit von Modernisierung und Säkularisierung1 fort, nur unter umgekehrten Vorzeichen; die fehlende Säkularisierung in den orthodoxen Gesellschaften sei also der Grund für ihre nur zögerliche Eingliederung in die vom wissenschaftlichtechnischen Fortschritt bestimmten westeuropäischen Staaten. Obwohl diese Grundannahme in jüngerer Zeit im Forschungsdiskurs erhebliche Kritik erfahren hat, erschließen sich durch sie in Ramfos Werk eine ganze Reihe von Schlussfolgerungen, die die oben genannte Frage nach der Besonderheit Griechenlands in Europa mit einer gewissen Plausibilität zu beantworten suchen.

Die systematische Darstellung des Werks von Ramfos war insofern nicht unproblematisch, als sich der Autor zu Themen der gesamten griechischen Geistesgeschichte von Homer bis heute äußert, manche Kernaussagen sich aber im Laufe der Zeit erheblich verändern, wenn nicht gar widersprechen. Es werden im Folgenden also die wichtigsten Themen, die Ramfos beschäftigen, mehr oder weniger chronologisch, angefangen von der Antike über das Mittelalter bis zur Gegenwart, angeordnet. Um die unterschiedlichen Positionen, die Ramfos vor und nach seiner Kehre einnimmt, zu erläutern, wurden bei der Analyse vorzugsweise Beispiele ausgewählt, die im Laufe der Zeit eine unterschiedliche Bewertung erfahren haben.

Das Buch beginnt mit einer ausführlichen Darstellung von Ramfos mystischer Auslegung der Philosophie Platons, die in seiner Auseinandersetzung mit Martin Heideggers Metaphysikkritik auch eine Gegenposition zur abendländischen Philosophiegeschichtsschreibung beinhaltet.

Meine Analyse gründet sich in den Kapiteln zu Platon und der mittelalterlichen Tradition auf die Monographien, die aus Vorlesungsmaterialien entstanden sind. Die Auseinandersetzung um Griechenlands Rolle in der Moderne basiert vorwiegend auf verschiedenen Essays zur Literatur des 19. Jahrhunderts und auf kulturpolitischen Beiträgen in der Presse, insbesondere zur Sprachenfrage. Diese unterschiedlichen Quellenarten halten tendenziell komplementäre Erkenntnisse bereit und werden so weit wie möglich kombiniert.

Nach einer ausführlichen Darstellung von Ramfos’ bisheriger Biographie und seiner wichtigsten Werke wird ein einleitendes Kapitel kurz die historische Entwicklung des griechischen Selbstverständnisses zeigen, um die wichtigsten Begriffe einzuführen, um die Ramfos’ kulturphilosophische Ausführungen kreisen. Hier soll insbesondere erklärt werden, weshalb die Abgrenzung vom lateinisch geprägten West- und Mitteleuropa für Ramfos ein so zentrales Element in der Diskussion um die nationale Identität ist. Daher werden die kulturellen Unterschiede zwischen „Ost“ und „West“ kurz aus theologischer und historischer Perspektive umrissen, um dann zu klären, welche Faktoren die griechische Identität bestimmen und in welches Verhältnis zum „Westen“ Ramfos Griechenland setzt.

Vier unterschiedliche inhaltliche Motive und Themenfelder aus Ramfos’ Werk werden im Hauptteil eingeführt und analysiert. Die Aufteilung ergab sich aus der Absicht, zwei zentrale Dimensionen der Darstellung zu kombinieren, die man als diachrone und synchrone Dimension bezeichnen kann.

Die synchrone Dimension ergibt sich aus der Tatsache, dass bestimmte Themenfelder, wie Platons Philosophie oder der Hesychasmus, in Ramfos’ Werk immer wieder auftauchen, sodass die thematischen Kapitel sich nicht werkchronologisch aneinander anschließen, sondern sich überlappen, mitunter sogar über Zeiträume von mehreren Jahrzehnten. Diese nicht strikt chronologische Aufteilung ist nicht nur der Tatsache geschuldet, dass sich Ramfos in unterschiedlichen Schaffensphasen mit denselben Themen auseinandergesetzt hat, und dass es nicht immer möglich ist, hier scharfe Zäsuren zwischen den einzelnen Phasen anzusetzen.

Vielmehr kann die Bearbeitung unterschiedlicher philosophischer, theologischer, sprachlicher und ethnopsychologischer Aspekte griechischer Selbstverortung als ein Zusammenspiel verschiedener symbolischer Aneignungs- und Integrationsprozesse beschrieben werden, die sich teilweise thematisch überlagern, teilweise auch aufeinander folgen und sich wechselseitig verstärken oder auch einander zuwiderlaufen. Die Themen „Sprache“, „Philosophie“ und „Theologie“ in Ramfos’ Werk unabhängig voneinander zu untersuchen würde die innere Dynamik ihrer Wechselwirkungen und damit die wichtigste Besonderheit dieses Diskurses, nämlich all diese Aspekte aus der Perspektive der griechischen Positionierung zusammen zu denken, übergehen. Daher bietet es sich an, die einzelnen Themenkreise in ihren Wandlungen und Umbrüchen über mehrere Jahrzehnte zu betrachten.

Die diachrone Dimension ergibt sich aus einer chronologischen Schwerpunktverschiebung hinsichtlich des geistesgeschichtlichen Inhalts innerhalb der einzelnen vier Kapitel von der Philosophie Platons über die Texte des frühen Christentums, des byzantinischen Mittelalters, der Neuzeit und über die wichtigsten Phasen der Staatsbildung im 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart. So wird gleichzeitig eine Art „Geschichte des griechischen Geistes“ nachgezeichnet, wie sie Ramfos selbst jedoch niemals geschrieben hat. Die Konstruktion der Diachronizität geht allein auf die Verfasserin dieser Untersuchung zurück und ist insofern als reine Hilfskonstruktion zu verstehen, um das umfangreiche Material von Ramfos’ Werk zu strukturieren.

Mit dem gewählten Ansatz wird also intendiert, einzelne Themen beispielhaft herauszugreifen, um anhand dieser die synchronen Dynamiken innerhalb von Ramfos’ Weltbild zu rekonstruieren. Andererseits geraten der übergeordnete Rahmen einer neuen Interpretation der griechischen Geistesgeschichte in Abgrenzung von „westlichen“ Missverständnissen und die Einbettung in die soziokulturellen Umstände ihrer Entstehung nicht aus dem Blick.

Das erste Kapitel skizziert die bisherige Biographie des Autors sowie die Chronologie und die Grundzüge seines Werkes, wie es sich zur Abfassungszeit der Untersuchung darstellte. Kapitel 2 dient in erster Linie der Klärung einiger historischer und philosophisch-theologischer Grundbegriffe, die in der innergriechischen Diskussion um die eigene Identität immer wieder auftauchen, dem westlichen Leser jedoch selten in ihrer Gesamtheit geläufig sind. Kapitel 3 nimmt Ramfos’ Interpretation der Philosophie Platons in den Blick, die besonders von der Lektüre der griechischen Kirchenväter beeinflusst ist. So versucht er der „westlichen“ Philosophiegeschichtsschreibung ein spezifisch griechisch-orthodoxes Element hinzuzufügen und stellt sich damit seinerseits in die Tradition der abendländischen Philosophiekritik Heideggers, ohne jedoch dessen Metaphysikkritik zu übernehmen.

Das vierte Kapitel verbindet Ramfos’ Lektüre der orthodoxen monastischen Tradition mit seiner platonisierenden Auslegung, die für ihn die Grundlage des griechisch-orthodoxen Weltbilds bildet. Zusammen mit dem fünften Kapitel über eine spezielle Fragestellung innerhalb der orthodoxen Theologie, nämlich der Personalismus-Debatte, zeichnen diese beiden Kapitel Ramfos’ besondere neoorthodoxe „Theo-Anthropologie“ nach, für die er in der theologischen Diskussion bekannt war, behandeln kontrastiv jedoch auch Beiträge aus der Zeit nach seiner Kehre, mit denen er seine Ansichten teilweise revidiert. Das letzte Kapitel handelt schließlich von den verschiedenen Aspekten der griechischen Modernisierung und ihren Hindernissen; hier werden Ramfos’ Überlegungen mit den Erkenntnissen der Sozialforschung verglichen.

Das Literaturverzeichnis im Anhang listet zunächst die Einzelveröffentlichungen in Buchform von Ramfos’ Werken auf und dann noch einmal in der neuen Anordnung der Gesamtausgabe. Die Werke von Ramfos werden in dieser Arbeit nach der Gesamtausgabe zitiert, sofern sie dort (bereits) aufgenommen wurden. Die übrigen Schriften von Ramfos erscheinen mit Angabe der Jahreszahlen. Berücksichtigt wurden die Veröffentlichungen bis Januar 2014. Sämtliche in dieser Untersuchung aufgeführten Übersetzungen der Texte von Ramfos und einzelner anderer Texte stammen von der Verfasserin.

Da nur die wenigsten Werke von Ramfos in andere Sprachen übersetzt vorliegen, wurden absichtlich breite Abschnitte ausführlich in Übersetzung und griechischem Original angeführt, um dem Leser einen besseren Einblick nicht nur in die Argumentation, sondern auch in die Rhetorik des Autors zu geben. Die mitunter nicht gängige Orthographie der jeweiligen Texte, insbesondere das polytonische System mit verschiedenen Akzentformen sowie grammatikalische Besonderheiten, wurden aus dem Original übernommen. Bei allen Personennamen wird im Text die im Deutschen gebräuchliche Transkription verwendet; leider ergibt sich insbesondere bei russischen Namen dadurch eine gewisse Uneindeutigkeit, da die Schreibweise der Namen im Zusammenhang mit Literaturangaben aus der Vorlage übernommen wurde.

Biographie und Chronologie des Gesamtwerks

Obwohl Ramfos im Laufe der Zeit unzählige Interviews gegeben hat und weiterhin gibt und eine außergewöhnlich große Zahl von Büchern, Aufsätzen und Vorträgen veröffentlicht hat, finden sich darin nur sehr wenige persönliche Angaben zu seinem Leben und seinem Werdegang. Dazu bemerkt er:

Ich spreche nicht gerne über persönliche Dinge, da alles in irgendeiner Weise ständig in meine Arbeit einfließt; aus diesem Grund habe ich wenig Interessantes dazu zu sagen.

[…] Ich glaube, ich habe niemals meinen Weg gefunden. Auf diesem Weg bewege ich mich schon immer. Das heißt, seit ich mich erinnern kann, war ich so, wie ich bin. Natürlich bin ich älter geworden, natürlich wurde ich in diesem Prozess des Älterwerdens auch reifer, sicher habe ich meine Ansichten geändert und habe an unterschiedlichen Themen gearbeitet. Würden Sie ein Foto aus meiner Kindheit sehen – ich besitze nur ein einziges, denn ich hebe unter anderem nicht gerne meine Fotos auf – würden Sie leicht feststellen, dass ich mich nicht verändert habe. Es ist ein Foto, als ich ein oder zwei Jahre alt war. Ich bin genau derselbe. Daher kann ich mit absoluter Sicherheit sagen, dass ich nicht meinen Weg gefunden habe, weil ich ihn schon immer hatte.2

Diese selbstbewusste Äußerung relativiert Ramfos aber selbst insbesondere dann, wenn es um gewisse Brüche in seinen wissenschaftlichen Ansichten geht: „Wenn jemand meinen gesamten schriftstellerischen Werdegang betrachtet, ist es eine ständige Selbstkorrektur.“3

Stelios Ramfos wurde 1939 in Athen geboren und wuchs in relativ einfachen Verhältnissen im Athener Stadtteil Pangkrati mit zwei erheblich älteren Schwestern auf. Offenbar war er ein sehr lebhaftes und glückliches Kind und spielte gerne Fußball. Seine Mutter war Hausfrau und sein Vater fuhr zur See, weswegen er ihn nur selten sah. Beide Eltern waren auf traditionelle Weise gläubig,4 was er später mehrfach unterstreicht, obwohl seine eigene Beziehung zur Orthodoxie sich ganz anders entwickeln sollte. Eine der Schwestern absolvierte sogar ein Studium, was für eine Frau unter den damaligen Verhältnissen zumindest ungewöhnlich war; dies verschaffte ihm früh Zugang zu Büchern.5 Die Volksschule hat nach seiner eigenen Aussage ihn wenig gefördert:

In der Grundschule waren wir 100 Kinder in einer Klasse und saßen zu dritt auf einer Schulbank. Der Lehrer kannte unsere Namen nicht. Niemand lehrte uns irgendetwas. Man konnte sich ausrechnen, dass man einmal in zwei Monaten zur Tafel gerufen wurde.6

Er besuchte allerdings danach eine Privatschule, benannt nach dem bedeutenden Linguisten Georgios N. Hadzidakis (1848–1941), wo mit für die damalige Zeit sehr fortschrittlichen Methoden unterrichtet wurde und die seine intellektuelle und moralische Entwicklung erheblich weiterbrachte. Bereits 1956 kam er in Kontakt mit den Werken von Karl Marx, die ihn in seiner Jugend intensiv beschäftigen sollten:

Meine intellektuelle Geschichte beginnt sehr gewöhnlich: etwa in der Mitte der fünfziger Jahre, als Schüler und voller Sehnsucht nach Wahrheit und Gerechtigkeit, lernte ich die marxistischen Ideen kennen. Da er eine Antwort auf alles hat, erzeugt der Marxismus die irrige Vorstellung, dass er absolut ausreichend sei, während er gleichzeitig jede Form von persönlicher Verantwortung aufhebt. Was braucht ein junger Mann noch, der jeden Tag mit der Frage konfrontiert wird, ob er streng zu sich selbst oder zufrieden mit sich sein soll? Von den Ideen ging ich bald auch in die politische Tätigkeit über. Dort allerdings konnte ich meine Welttheorie in der Praxis sehen, und es wurde mir klar, dass, wenn auch der Zweck die Mittel heiligt, nichts existiert, was den Zweck heiligt, so dass ich aus demselben Grund, aus dem ich Marxist geworden war, nämlich aus dem Bedürfnis nach Wahrheit und Gerechtigkeit, aufhörte, einer zu sein. Dies geschah zwischen 1964 und 1965, während ich mein Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Athen abschloss. Inzwischen hatte ich mich abgewandt vom betäubenden Einfluss der marxistischen Ideologie und machte mich im September 1965 nach Paris auf, um Philosophie zu studieren.7

Nach Abschluss seines ersten Studiums begab Ramfos sich also nach Paris, wo er an der Sorbonne Philosophie studierte. Der räumliche und kulturelle Abstand erlaubte es ihm, sich selbst als Griechen zu begreifen und sich mit der geistigen Tradition seiner Heimat zu beschäftigen und führte ihn, nachdem er sich nach den politischen Umwälzungen vom Mai 1968 endgültig vom Marxismus entfernt hatte, zur Religion:

Freunde aus jener Zeit haben den Marxismus hinter sich gelassen, weil er ihnen zu „theologisch“ war und sie setzten gerade deswegen ihren Weg „geerdet“ fort. Ich hingegen wandte mich von ihm ab, weil er mir nicht „theologisch“ genug war und weil, mit anderen Worten, seine Realität nicht meinem Verlangen nach Wahrheit und Gerechtigkeit entsprach.8

Während seines Aufenthalts in Paris befasste er sich zunächst mit antiker und zeitgenössischer europäischer Philosophie und wandte sich anschließend dem Studium der Kirchenväter und der geistigen und gesellschaftlichen Probleme des heutigen Griechenland zu, was bis heute im Zentrum seines Interesses bleiben sollte.9 Hierbei interpretierte er die griechische Antike aus einer „byzantinischen“ Perspektive, um die Verbindungen zwischen dem vorchristlichen und dem mittelalterlichen griechischen Denken herauszuarbeiten. So charakterisiert Ramfos auch seinen philosophischen Zugang zur griechischen Tradition:

Ich stellte fest, dass die zeitgenössische Philosophie vor dem Antlitz des Platonismus eigentlich den Intellektualismus der Scholastik bekämpfte, der ihn ihnen vermittelt hatte, und nicht den Geist Platons, wie er durch den Text der Dialoge durchscheint. Diese Feststellung brachte mich zu der folgenden Frage: Wenn der Logozentrismus ein integrales Element der europäischen Kultur ist und den klassischen Geist verfälscht, in welcher Form existiert dann das antike Denken im Kosmos der byzantinischen Spiritualität? […] Je weiter ich kam, desto deutlicher trat mir vor Augen, dass den Byzantinern eine wunderbare Aneignung des klassischen Hellenismus gelungen war, und zwar so, dass sie, aus ihrer theologischen Perspektive, auf Fragen eine Antwort hatten, welche die scholastische Deutung entweder nicht vermutet oder unbeantwortet gelassen hatte. Schließlich war ich überzeugt, dass die Theologie der Königsweg zum Verständnis der antiken Denker war, trotz der Kluft zwischen diesen beiden Welten.10

Insbesondere bei seiner Interpretation der Philosophie Platons ging es Ramfos also in erster Linie darum, den scholastischen Firnis, den Jahrhunderte europäischer Forschung mit ihrer Anwendung aristotelischer logischer Kriterien über die antike Philosophie gelegt hatten, abzutragen, und diese in neuem, zeitgemäßen Licht erscheinen zu lassen.11 Letzten Endes handelt es sich dabei auch um eine Reappropriierung der griechischen Antike, die lange unter dem europäischen Blickwinkel des Humanismus und des Rationalismus interpretiert worden war, und die nun, unter veränderten Voraussetzungen, als Basis für ein neues hellenisches Selbstbewusstsein dienen sollte.12 Als jemand, der „im Parthenon Fußball gespielt hat“13, fühlt sich Ramfos gegenüber der ansonsten erdrückenden Größe der hellenischen Tradition frei genug, um sie neu zu deuten und sie im Lichte einer neuen griechischen Identität zu interpretieren.

Ramfos beendete sein Studium in Paris mit der Verteidigung seiner thèse zum Thema Lumière et création. Essais sur la métaphysique platonicienne, mit der er an der Sorbonne promoviert wurde.14 Seine akademische Karriere als Dozent begann er an der 1969 im Zuge der Reform des französischen Hochschulwesens ex novo gegründeten Universität Paris VIII im Vorort Vincennes (ab 1980: Saint-Denis).15

Ab dem akademischen Jahr 1969/70 hielt er dort Lehrveranstaltungen zur antiken Philosophie ab. Eine Schrift zum Thema des Todes bei Heraklit erschien 1971 mit dem Titel Héraclite: Le cercle de la mort.16

Ein weiterer Text mit dem Titel Nostos erschien im folgenden Jahr.17 Hier verbindet Ramfos den Begriff der Rückkehr zu den Wurzeln, auf Griechisch νόστος [Nostos], mit der Idee der Ewigen Wiederkehr bei Friedrich Nietzsche. Dabei kristallisieren sich weitere wichtige Themen heraus, die Ramfos im weiteren Verlauf seines Werdegangs beschäftigen werden: Die antike Philosophie mit Platon als ihrem herausragendsten Vertreter, seine eigene Deutung als Gegenentwurf zu einer vermeintlichen Fehldeutung der griechischen Philosophie im Westen und Griechenland als Ziel seiner Sinnsuche.

Weitere Lehrveranstaltungen hielt er 1971/72 über Platons Dichterkritik und einen Mythos aus dem Gorgias, woraus zwei Veröffentlichungen entstanden: ἐξορία τῶν ποιητῶν [Die Ausweisung der Dichter]18 und Τὸ δαχτυλίδι τοῦ Γύγη. Περιπλάνηση σ΄ ἕνα μῦθο τοῦ Πλάτωνος [Der Ring des Gyges. Mäandern in einem platonischen Mythos].19 Im Jahr 1972/73 folgte eine Vorlesung zur Schau der Wahrheit in der Philosophie Platons. Auch hier wurde sein Interesse am anagogischen Prinzip der griechischen Philosophie deutlich, also dem Prinzip, dass der Mensch danach strebt, sich Gott anzunähern; der veröffentlichte Text trägt den Titel Μύησι στὸ φῶς [Einweihung ins Licht].20

Aus den Vorlesungen des akademischen Jahres 1973/74 entstanden La musique de Héraclite21 sowie Ἡ καλὴ ψυχὴ καὶ τὸ ἄλλο της [Die gute Seele und ihr Anderes]22, in dem der Eros als Movens der Philosophie eingeführt wird; auch dieses Thema wird Ramfos später weiter ausarbeiten. Im Frühjahr 1973 verfasste er wiederum im Zusammenhang mit seiner akademischen Tätigkeit den Text Αἰώνια παιδιά [Ewige Kinder],23 in dem es in Anlehnung an Platons Timaios um die Theorie der Anamnesis (Erinnerung) als Voraussetzung der Erkenntnis geht.

Nach dem Ende der Militärdiktatur 1974 kehrte er nach Griechenland zurück. Die Rückkehr, so gibt er in einem Interview an, sei für ihn eine unausweichliche Konsequenz seines Interesses für die griechische Kultur gewesen: „Andere sind in Paris geblieben, ich aber, da ich allmählich mir dieses Thema, mein philosophisches Interesse für Griechenland, erschloss, musste zurückkehren.“24 Zurück in Griechenland war seine Bewerbung um eine Professur an der Universität von Athen erfolglos. Dennoch betont er heute sehr dankbar zu sein, dass ihm die Arbeit an einer Universität, die in den Jahrzehnten seit 1978 ständigem Verfall preisgegeben gewesen war, erspart geblieben sei.25

Sein Interesse an der orthodoxen Tradition blieb auch nach seiner Pariser Zeit ungebrochen; 1975 entschloss er sich zusammen mit dem Sänger und Liedermacher Dionysis Savvopoulos (geb. 1944) zu einer Reise zum Heiligen Berg Athos, einer selbst verwalteten Region Griechenlands, in der ausschließlich Mönche nach ihren eigenen Regeln leben. Dieser gilt als Sinnbild der Orthodoxie in der modernen Zeit, weltabgewandt und doch in der Welt. Der Athos wurde in den späten siebziger und achtziger Jahren und darüber hinaus zu einer wichtigen Inspirationsquelle, nicht zuletzt für (ehemalige) Linke und Kommunisten auf der Suche nach einer neuen Orientierung.26 Fern von der bürgerlichen Gesellschaft suchten diese Intellektuellen die authentische Form der Orthodoxie, die frei von westlichen Einflüssen sein sollte. Hier ging religiöse Erneuerung Hand in Hand mit einer kulturellen Neuorientierung Griechenlands im Gegensatz zu einer als fremd empfundenen westlichen Vorherrschaft.27 Diese geistige Strömung, die in sich sehr heterogen war, wurde als neoorthodox bezeichnet; Ramfos galt eine Zeit lang als einer ihrer Vertreter, er wandte sich jedoch im Laufe der neunziger Jahre wider von ihr ab.28

Ab 1990 übernahm der Athener Verlag Ἁρμός [Harmos] die Werkausgabe von Ramfos, die (fast) alle der zunächst verstreut publizierten Texte versammelt. Der erste Band mit dem Titel Φιλοσοφία ποιητική. Πλατωνικὰ ζητήματα [Poetische Philosophie. Platonische Fragen] ist den Vorlesungen der Pariser Zeit über Platon gewidmet.29 Die Trilogie Τριῴδιον [Dreigesang] (Band II der Werkausgabe)30 beinhaltet Schriften historisch-hermeneutischen Charakters. In Τόπος ὑπερουράνιος [Jenseits des Himmels] verbindet er, wie auch in den anderen beiden Texten, Μελέτη θανάτου [Vorbereitung auf den Tod] und Ἡ παλινῳδία τοῦ Παπαδιαμάντη [Die Palinodie des Papadiamantis], die griechische mit der europäischen Kultur unter besonderer Beachtung der orthodoxen Tradition; dies geschieht insbesondere im letzten Text, in dem auch das Werk Dostojewskis als Parameter des Vergleichs mit dem griechischen Erzähler Alexandros Papadiamantis herangezogen wird.31

Der dritte Band der Werkausgabe Ἰθάκη καὶ ἰθαγένεια [Ithaka und Ursprünglichkeit]32 umfasst eine Sammlung von Texten, die ebenfalls auf die Zeit in Paris zurückgehen. Aus der Sammlung sticht ein längerer Text über Symeon den Neuen Theologen (949–1022) besonders hervor, in dem Ramfos eine Parallele zwischen Platons Lichtmetaphysik einerseits und der Mystik der Visionen des Heiligen andererseits zieht und wo auch die neoorthodoxe Position des Autors in dieser Schaffensphase besonders deutlich wird.

Im Band vier der Werkausgabe handelt das Buch Μαρτυρία καὶ γράμμα. Ἀπόλογος γιὰ τὸν Μάρξ καὶ λόγος γιὰ τὸν Καστοριάδη [Zeugenaussage und Brief. Abgesang auf Marx und Rede über Castoriadis]33 vom Marxismus und Ramfos’ älteren Freund und Mentor, dem griechisch-französischen Philosophen Cornelius Castoriadis (1922–1997). Mit diesem hatte Ramfos in Paris eine enge intellektuelle Freundschaft verbunden. In seinem an Castoriadis adressierten Text, der der Gattung des „philosophischen Briefs“34 zuzuordnen ist, formuliert er seine Lektüre von Marx’ philosophischem Werk und setzt sich mit dem Hauptwerk seines Freundes, L’institution imaginaire de la société35, auseinander.

In den Bänden V Ὀνομάτων ἐπίσκεψις [Gedanken über Namen] und VI Ἐλευθερία καὶ γλῶσσα [Freiheit und Sprache] sind Beiträge zur Sprachenfrage gesammelt. Band V beinhaltet die Sammelbände Παιδεία Ἑλληνική [Griechische Erziehung]36 und Κυριακοδρόμιο [Sonntagsgang]37, während Band VI ebenfalls zwei Sammlungen von bereits früher erschienenen Essays vereint, nämlich Ἡ γλῶσσα καὶ ἡ παράδοσι [Sprache und Tradition]38 sowie Στάσιμα καὶ ἔξοδος [Stasima und Exodos].39

Anders als die vorhergehenden Bände der Werkausgabe sind diese für Zeitungen und Zeitschriften bestimmten Artikel weniger wissenschaftlich in ihrer Argumentation; sie richten sich an ein breiteres Publikum und gehören eher in die Kategorie der politischen oder gesellschaftlichen Streitschrift, so auch der Band XI der Werkausgabe Χρονικὸ ἑνὸς καινούργιου χρόνου [Chronik einer neuen Zeit]40 und weitere Bände mit Artikeln zur gegenwärtigen Krise Griechenlands, die (noch) nicht in die Werkausgabe aufgenommen worden sind, etwa Λογικὴ τῆς παράνοιας [Logik der Paranoia] von 2011 und Time out (2012).41 Wie es der Gattung der politischen Streitschrift etwa im Sinne von Stéphane Hessels Indignez-vous42 angemessen ist, werden auch hier nicht alle Argumente bis ins letzte Detail ausgearbeitet; es geht vielmehr darum, das Publikum durchaus auch mithilfe der Rhetorik zum Nachdenken über aktuelle Probleme zu bringen.

Er begann am Ende der 1980er Jahre seine Zusammenarbeit mit privaten Bildungszentren in Athen, wo er wöchentlich Vorlesungen hielt und noch hält. Aus diesen Veranstaltungen entstanden Monographien zu antiken und mittelalterlichen Texten, die später ebenfalls im Rahmen der Werkausgabe veröffentlicht wurden. Im Weiterbildungszentrum der griechisch/amerikanischen Privatschule Κολλέγιο Ἀθηνῶν Ψυχικοῦ [Athens College Psychiko]43 sprach er von Oktober1988 bis Mai 1989 über Φιλόσοφος καὶ θεῖος ἔρως [Philosophischer und göttlicher Eros]. Daraus entstand eine breit angelegte Untersuchung zum Thema der Liebein Platons Symposion und in den Hymnen des Hl. Symeon, des Neuen Theologen, mit einem umfangreichen Exkurs zum Liebesbegriff im Roman des westlichen Mittelalters, veröffentlicht in Band VII der Werkausgabe.44

In den Jahren, die auf den Zusammenbruch der Sowjetunion folgten, und die allmählich die Struktur der Welt grundlegend verändern sollten, entwickelte auch Ramfos neue Sichtweisen auf seine Forschungsgegenstände; diese änderten sich nicht wesentlich, er blieb auch danach bei seinen Hauptthemen, aber die Zielsetzung bei seiner Interpretation war danach eine ganz andere. Kritiker warfen ihm sogar eine Wende um 180 Grad vor, insbesondere der Denker Sotiris Gounelas (geb. 1949); seine kritischen Essays veröffentlichte er in dem Band Ἀντίλογος στὸν Στέλιο Ράμφο [Gegenrede an Stelios Ramfos].45

Ramfos bezeichnete die „Wende“ aber eher als Korrektur, als Anpassung an die veränderte Lage der politischen Weltordnung.46 Ein Buch, das seiner Ansicht nach ein Grenzgänger zwischen der neoorthodoxen und der westlich orientierten Phase war, ist Ἱλαρὸν φῶς τοῦ κόσμου [Das heitere Licht der Welt], hervorgegangen aus einer Vorlesungsreihe beim Ἵδρυμα Γουλανδρῆ-Χόρν [Stiftung Goulandri-Horn]1989/90 und erstmals erschienen 1990 (Werkausgabe Band VIII). Hier vertiefte Ramfos wieder eines seiner Hauptthemen, die Verbindung von Licht und Metaphysik, von Sehen und Erkennen bei Platon, in der europäischen Philosophie der Frühen Neuzeit und in der Lichttheologie des orthodoxen mittelalterlichen Theologen Gregor Palamas (1296/97–1359). Hier wird die Erfahrung der Erleuchtung in Antike und byzantinischer Theologie nebeneinandergestellt und mit der Erkenntnistheorie der neuzeitlichen Philosophie kontrastiert, um die Unterschiede der westlichen und der orthodoxen Kultur herauszuarbeiten. Dieses Buch, zusammen mit der schon erwähnten Studie Philosophische und göttliche Liebe (Werkausgabe Band VII) ist stark antiwestlich geprägt und stellt Ramfos in einen Zusammenhang mit der neoorthodoxen Strömung in Griechenland, über die noch ausführlicher berichtet werden wird.

Im akademischen Jahr 1990/91 las Ramfos über die Poetik des Aristoteles, einen schmalen Text, dessen Interpretationen seit der Renaissance aber Regale füllen würden. Ramfos fügte diesen Auslegungen seine eigene hinzu, die die Poetik des Aristoteles im Zusammenhang mit Platons Dialog Phaidros sieht, in dem die (göttliche) Inspiration in der Kunst eine wichtige Rolle spielt. Die Arbeit aus diesen Vorlesungen führt Materialien aus seiner Lehrzeit in Paris (1971/72), einer Vorlesungsreihe im Theater Πύλη [Pili] 1984 und weitere beim ΧΕΝ,47 dem griechischen Pendant des YWCA (Young Women’s Christian Association), 1985 zusammen und wurde in der Werkausgabe in zwei Bänden, IX (1992) und IX a (1993) veröffentlicht.

Seine eigene Sicht auf die frühchristliche und byzantinische Tradition offenbart Ramfos mit seiner darauffolgenden Vorlesungsreihe 1991/92 am Κολλέγιο Ἀθηνῶν Ψυχικοῦ [Athens College Psychiko] und dem daraus entstandenen Buch Πελεκᾶνοι ἐρημικοί. Ξενάγησι στὸ Γεροντικόν [Pelikane in der Einsamkeit. Führung durch die Sprüche der Wüstenväter] (Werkausgabe Band X, 1994). Hier beschreibt er das geistige Erbe der Wüstenväter und ihre Bedeutung für die orthodoxe Tradition, wobei er versucht, dem modernen Leser die heute schwer nachzuvollziehende Lebensweise der Einsiedler zu erklären. In der Darstellung wird implizit auch deutlich, dass Ramfos hier für einen individualisierten, modernen Leser schreibt; in den Lebensbeschreibungen der Eremiten wird die Sehnsucht des Individuums nach Erlösung sichtbar. Diese Sehnsucht nach Erlösung und die Beschreibung des Wegs zur Erleuchtung werden zum Ausgangspunkt seiner eigenen mystischen Reflexionen, die sich ebenfalls in die neoorthodoxe Tradition einordnen lassen.

Diese Überlegungen führen weiter zu den Schriften der Jahre 1994–1997, die schon das Individuum in den Blick nehmen: Μυθολογία τοῦ βλέμματος [Mythologie des Blicks]48, Χρονικὸ ἑνὸς καινούργιου χρόνου [Chronik einer neuen Zeit]49, die beide mit einigen weiteren kleineren Texten im Band XI der Werkausgabe von 2008 erschienen, Τὸ αἴνιγμα καὶ ἡ μοῖρα. Ποιητικὴ τέχνη στὸν Οἰδίποδα τύραννον [Das Rätsel und das Schicksal. Poetische Technik im König Ödipus], eine Analyse von der Tragödie des Sophokles, (Werkausgabe Band XII) von 1997, sowie Μία καλοκαιρινὴ εὐτυχία τρίζει [Flüchtiges Sommerglück], (Werkausgabe Band XV) von 1999. Das Hauptwerk dieser Phase ist Ὁ καημὸς τοῦ ἑνός. Κεφάλαια τῆς ψυχικῆς ἱστορίας τῶν Ἑλλήνων [Der Schmerz des Einen. Kapitel der Seelengeschichte der Griechen], (Werkausgabe Band XVI) aus dem Jahr 2000.

In diesem Buch schaltet sich Ramfos in die inzwischen sehr umfangreiche und meist von Vertretern der neoorthodoxen Strömung geführte Diskussion um den Personalismus ein, in der ein genuin orthodoxes, auf der Trinitätsauslegung der kappadokischen Kirchenväter beruhendes Menschenbild der „Person“ im Gegensatz zum westeuropäischen „Individuum“ erarbeitet werden soll. Dieses Werk ist einer der meist diskutierten Texte von Ramfos, das zunächst von Theologen, sehr kontrovers aufgenommen wurde und erst in jüngster Zeit gewürdigt worden ist.50 Auf der Grundlage dieses, wie Ramfos meint, authentisch griechisch-orthodoxen, aber dennoch modernen Menschenbildes, argumentiert er ab diesem Zeitpunkt bis heute, wenn es darum geht, die Probleme des zeitgenössischen Griechenlands zu orten. Hier deutet sich ein Bruch mit den vorhergehenden Werken an, da seine mystische und antiwestliche Tendenz in den Hintergrund tritt. In den Vorworten der später neu veröffentlichten älteren Werke bringt Ramfos seine neue Sicht der Dinge immer wieder zum Ausdruck, ohne jedoch sein früheres Werk ganz zu widerrufen.

Band XIII der Werkausgabe, der in den älteren Ausgaben als Band XIIIa erscheint, versammelt weiter auseinanderliegende Projekte, die erst spät, und dann auch nur zum Teil zu einer Gesamtheit verbunden wurden. Unter dem Titel Μεταφυσικὴ τοῦ Κάλλους [Metaphysik der Schönheit] von 2003 wurde eine Vorlesungsreihe am Πνευματικὸ Κέντρο τοῦ Δήμου Ἀθηναίων [City of Athens Cultural Organisation] aus dem akademischen Jahr 1992/93 über Platons Dialog Phaidros und die Vorlesungen am Ἵδρυμα Γουλανδρῆ-Χόρν [Stiftung Goulandri-Horn] von 1999/2000 über Plotins Philosophie des Schönen in einem Projekt vereinigt, das eigentlich noch eine Abhandlung über die Philokalia, ein 1782 veröffentlichtes Sammelwerk orthodoxer asketischer Mystik und Spiritualität aus mehreren Jahrhunderten enthalten sollte.51

Dieses Triptychon, das nach dem Muster früherer Werke antike, spätantike und orthodoxe Spiritualität hätte nebeneinander stellen sollen, um einerseits die Kontinuität der griechischen Kultur zu unterstreichen und um andererseits die Philosophie Platons wieder im orthodoxen Kontext zu lesen, wurde jedoch nie als solches fertiggestellt, zum einen, weil Ramfos in der Zwischenzeit andere Projekte erarbeitete,52 zum anderen, weil er ab einem gewissen Punkt nicht mehr mit der stark vereinfachenden neoorthodoxen Hermeneutik arbeiten wollte.53 So blieben also die beiden Texte der antiken Philosophie über die Sehnsucht des Menschen nach Gott, die sich in der Liebe zum Schönen manifestiert, was eine weitere Ausarbeitung des bereits früher bearbeiteten Themas „Eros“ darstellt, zunächst allein.

Mit dem Band XVIII der Werkausgabe, erschienen 2010 unter dem Titel Τὸ ἀδιανόητο τίποτα. Φιλοκαλικὰ ῥιζώματα τοῦ νεοελληνικοῦ μηδενισμοῦ [Das undurchschaubare Nichts. Die Wurzeln des neugriechischen Nihilismus in der Philokalia] setzte er dieses Vorhaben schließlich erheblich später doch um. Das Material hierzu stammt wieder aus Vorlesungen aus den Jahren 1993 am Πνευματικὸ Κέντρο τοῦ Δήμου Ἀθηναίων [City of Athens Cultural Organisation] und 2010 am Ἵδρυμα Θεοχαράκη [Stiftung Theocharakis]54. In diesem Buch radikalisierte Ramfos noch einmal seine Thesen von der unterbliebenen Individualisierung im griechischen Mittelalter als Grund für die moderne Krise des Landes, die er in der Studie Der Schmerz des Einen55 bereits aufgestellt hatte. Nun stellte er den Hesychasmus, der von anderen orthodoxen Denkern durchaus als eine geeignete Antwort auf die Herausforderung durch den Westen und durch die globalisierte Welt verstanden wird,56 als Ursprung aller gesellschaftlichen Übel in Griechenland dar.

Auf der Suche nach den Ursprüngen der Orthodoxie befasste sich Ramfos auch ausführlich mit den Texten des Evangeliums, was in den Band XVII der Werkausgabe von 2006 mündete, der den Titel Τὸ μυστικὸ τοῦ Ἰησοῦ [Das Geheimnis Jesu] trägt. Ein weiterer Titel der Werkausgabe wurde vom Verlag schon vor langer Zeit angekündigt, ist aber noch nicht erschienen, und zwar der Band Δύο φορὲς „Ναί“! Ἡ θυσιαστικὴ ὑπέρβασι τοῦ χρόνου στὸν πλατωνικὸ Φαίδωνα [Zweimal „Ja“! Transzendenz und Opfer der Zeit in Platons Phaidon], Werkausgabe Band XX.

2007–2009 hielt Ramfos beim Ἵδρυμα Θεοχαράκη [Stiftung Theocharakis] eine öffentliche Vortagsreihe über Friedrich Nietzsches Schriften Jenseits von Gut und Böse und Genealogie der Moral, aus denen der Band Νίτσε γιὰ καλὸ γοῦστο [Nietzsche für den guten Geschmack] (Werkausgabe Band XIX, 2009) hervorging. Hier legt Ramfos keine in sich geschlossene Analyse von Nietzsches Schriften zur Ethik vor, sondern folgt in seiner Lektüre Nietzsches den Mäandern und den aphoristischen Formen der Vorlage. Ramfos interessiert sich bei diesen Texten über die Umwertung der Werte insbesondere für die Voraussetzungen der freien Willensentscheidungen eines unabhängigen Menschen, der auch Pate steht für Ramfos’ Vorstellung vom „mündigen Bürger“ Ein Rezensent dieses Buches schrieb:

Indem er Nietzsches Auffassung eines Lebens, das ständig seine Ziele überprüft, annimmt und gleichzeitig den Wert an sich des Zwecks ablehnt, tritt der Autor eine kreative Suche nach der Wahrheit Nietzsches und ihrem Subjekt an.57

Band XXI der Werkausgabe, der eine Vorlesungsreihe über Martin Heideggers Sein und Zeit am Ἵδρυμα Θεοχαράκη [Stiftung Theocharakis] aus dem akademischen Jahr 2010/11 beinhaltet,58 präsentiert nach Friedrich Nietzsche auch den zweiten deutschen Philosophen, der die griechische Moderne und auch die geistige Entwicklung von Ramfos selbst sehr stark beeinflusst hat, einem breiteren Publikum. Diese beiden Werke behandeln in gewisser Weise eine moderne Auffassung des Individuums und reihen sich somit ideengeschichtlich in dieselbe Problematik wie seine übrigen Werke ein, wenn sie auch keine spezifisch griechischen Themen behandeln.

Seit dem Ausbruch der europäischen Staatsschuldenkrise und den immensen Auswirkungen auf Politik und Wirtschaft, die die Auflagen der Euro-Staaten für die der griechischen Regierung gewährten Kredite nach sich zogen, wurde Ramfos in seiner Heimat regelrecht berühmt. Es folgten, außerhalb der Werkausgabe, Publikationen von Artikelsammlungen, die die Krise thematisieren, wie Ἡ λογικὴ τῆς παράνοιας [Die Logik der Paranoia] (2011), Time out. Ἡ ἑλληνικὴ αἴσθησι τοῦ χρόνου [Time out. Die griechische Wahrnehmung der Zeit] (2012), Ὁ „ἄλλος“ τοῦ καθρέφτη. Ψυχογραφία τῆς ἀγωνίας μας [Der „Andere“ im Spiegel. Psychographie unserer Agonie] (2012). Aufsätze und Interviews der Jahre 2012–2015 sind im Band Ἡ νίκη σὰν παρηγοριά [Der Sieg als Trost] (2015) versammelt.59 Der lange angekündigte Band mit dem Titel Καλλίπολις ψυχή. Σχόλιο στὴν Πολιτείαν τοῦ Πλάτωνος [Die Seele der Kallipolis. Anmerkungen zu Platons Staat], (Werkausgabe Band XIV) erschien Ende 2013 und enthält laut Klappentext eine Lektüre Platons vor den aktuellen politischen Ereignissen. Diesem Versprechen wird das Buch allerdings nicht ganz gerecht, vielmehr handelt es sich auch hierbei um einen sehr textnahen Kommentar zur Politeia. Die Liste der hier genannten Publikationen von Ramfos stellt keine vollständige Werkbibliographie dar. Ich habe einige kleinere Sammlungen von Artikeln, die seit 2000 erschienen sind, hier nicht erwähnt; sie sind jedoch im Literaturverzeichnis zu dieser Arbeit aufgelistet.


Endnoten

1. Weber 1985.

2. „Δὲν μοῦ ἀρέσει νὰ μιλάω γιὰ πράγματα προσωπικά, ἐπειδὴ ὅλα, κατὰ κάποιο τρόπο, ἐνσωματώνονται ἀδιάκοπα στὴν δουλειά μου, ὁπότε δὲν ἔχω νὰ πῶ κάτι ἰδιαίτερο καὶ ἐνδιαφέρον γι’αὐτά. […] κι ἐγὼ πιστεύω ὅτι δὲν βρῆκα τὸν δρόμο μου ποτέ. Αὐτὸν τὸν δρόμο τραβοῦσα ἐξ ἀρχῆς. Δηλαδή, ὅσο μὲ θυμᾶμαι, ἤμουν ὅπως εἶμαι. Ἄλλο ὅτι μεγάλωσα, ὅτι μεγαλώνοντας ὡρίμασα, ὅτι ἄλλαξα ἰδέες, ὅτι δούλεψα πάνω σὲ διαφορετικὰ πράγματα. Ἐὰν βλέπατε μιὰ παιδική μου φωτογραφία – ἔχω μόνο μία, γιατί, σὺν τοῖς ἄλλοις, δὲν μοῦ ἀρέσει νὰ κρατῶ φωτογραφίες μου – θὰ διαπιστώνατε εὔκολα ὅτι δὲν εἶμαι διαφορετικός. Εἶμαι ὁλόιδιος. Ἑπομένως, μπορῶ μὲ ἀπόλυτη ἀσφάλεια νὰ πῶ ὅτι δὲν βρῆκα τὸν δρόμο μου ποτὲ γιατὶ τὸν εἶχα.“ (Ramfos 2012 c: 18).

3. „Καὶ ἂν δῇ κανεὶς ὅλην μου τὴν συγγραφικὴ διαδρομή, εἶναι μιὰ συνεχὴς αὐτοδιόρθωση στὸ προχώρημα.“ (Ramfos 2012 c: 23).

4. „Ὁ πατέρας μου − Θεὸς σχωρέσ΄ τον − ἦταν ἕνας θαλασσινός, ὁ ὁποῖος διατηροῦσε μὲ τὸν Χριστὸ καὶ τοὺς ἁγίους τὴν οἰκειότητα ποὺ κρατοῦσαν οἱ ἁπλὲς ψυχὲς τῶν παλαιῶν καὶ γι’ αὐτὸ ποτέ του δὲν φοβήθηκε, ἐνῶ ἡ πίστι τῆς μητέρας μου − καλή της ὥρα − ἔχει κινήσει βουνά, ἀφοῦ βουνὸ γινόταν ἡ ζωή, μὲ τὴν ἀδιάκοπη ἀπουσία τοῦ πατέρα μου.“ [„Mein seliger Vater war ein Seemann, der mit Jesus und den Heiligen wie die einfachen Menschen von früher so sehr auf vertrautem Fuß stand, dass er sich vor nichts fürchtete. Der Glaube meiner seligen Mutter versetzte Berge, denn mühsam wie ein Berg war das Leben für sie, da mein Vater ständig abwesend war.“] (Ramfos GA 4: 14).

5. Ramfos 2012 c: 18.

6. „Στὸ Δημόσιο σχολεῖο ἤμασταν στὴν τάξι 100 παιδιά. Καθόμασταν τρεῖς-τρεῖς στὰ θρανία. Ὁ καθηγητὴς δὲν ἤξερε τὰ ὀνόματά μας. Κανείς μας δὲν μάθαινε τίποτα. Ὑπολόγιζες ὅτι θὰ σὲ σηκώσῃ μία φορὰ στὸ δίμηνο στὸν πίνακα.“ (Ibid.: 19).

7. „Η πνευματική μου ιστορία αρχίζει πολύ συνηθισμένα: περί τα μέσα της δεκαετίας του ´50, μαθητής ων και διψασμένος για αλήθεια και δικαιοσύνη, γνώρισα τις μαρξιστικές ιδέες. Με τις απαντήσεις που έχει για όλα, ο μαρξισμός δημιουργεί την ψευδαίσθηση απόλυτης επάρκειας, ενώ συγχρόνως αφαιρεί κάθε έννοια προσωπικής υπευθυνότητας, ανάγοντας το κακό στις εξωτερικές συνθήκες. Τί άλλο θέλει ένας έφηβος, που αντιμετωπίζει καθημερινά το σκληρό δίλημμα να είναι αυστηρός ή ευχαριστημένος με τον εαυτό του; Από τις ιδέες γρήγορα πέρασα στην πολιτική δράση. Εκεί όμως είδα την κοσμοθεωρία μου στην πράξη και συνειδητοποίησα ότι αν ο σκοπός αγιάζει τα μέσα, δεν υπάρχει τίποτε να αγιάζει το σκοπό, οπότε για τον ίδιο λόγο που έγινα μαρξιστής, από ανάγκη δηλαδή αλήθειας και δικαιοσύνης, έπαψα να είμαι. Αυτό συνέβη μεταξύ 1964 και 1965, όταν ήμουν επί πτυχίῳ φοιτητής της Νομικής Αθηνών. Απαλλαγμένος από το ναρκωτικό επηρεασμό της μαρξιστικής ιδεολογίας, ανεχώρισα το Σεπτέμβριο 1965 στο Παρίσι, για φιλοσοφικές σπουδές.“ (Makris 1983: 88 f.).

8. „Φίλοι ἐκείνης τῆς ἐποχῆς ἐγκατέλειψαν τὸν μαρξισμὸ ἐπειδὴ δὲν ὑπέφεραν τὴν ‚θεολογία‘ του καὶ γι’ αὐτὸ ἀκριβῶς συνέχισαν ‚προσγειωμένα‘ τὴν πορεία τους· ἐγὼ τὸν ἐγκατέλειψα ἐπειδὴ δὲν τὸν εὕρισκα ἀρκετὰ‚ θεολογικό‘, ἐπειδὴ μ’ ἄλλα λόγια ἡ πραγματικότης του δὲν συμβιβαζόταν μὲ τὴν δίψα μου γι’ ἀλήθεια καὶ δικαιοσύνη.“ (Ramfos GA 4: 24 f.).

9. Ibid.: 25.

10. „Διαπίστωσα ότι στο πρόσωπο του πλατωνισμού η σύγχρονη φιλοσοφία μάχεται τη σχολαστική νοησιαρχία, δια της οποίας τον παρέλαβε, και όχι το πνεύμα του Πλάτωνος, όπως αναβλύζει από το κείμενο των διαλόγων. Η διαπίστωση αυτή με οδήγησε στο ακόλουθο ερώτημα: εάν η λογοκρατία είναι συστατικό στοιχείο του ευρωπαϊκού πολιτισμού και παραποιεί το κλασικό πνεύμα, πώς υπάρχει ο αρχαίος στοχασμός στον κόσμο της βυζαντινής πνευματικότητος; […] Όσο προχωρούσα,ανεκάλυψα ότι οι Βυζαντινοί είχαν πετύχει θαυμαστή αφομοίωση του κλασικού Ελληνισμού, εις τρόπον ώστε, μέσα από την θεολογική τους οπτική, να απαντούν σε ερωτήματα, που η σχολαστική ερμηνευτική είτε δεν υποψιαζόταν είτε άφηνε αναπάντητα. Τελικά πείστηκα πως η θεολογία τους ήταν βασιλική οδός για να συλλάβουμε τη σκέψη των αρχαίων στοχαστών, παρά το χάσμα που χωρίζει τους δύο κόσμους.“ (Makris 1983: 89); vgl. auch GA 3: 84 ff.

11. Ramfos GA 3: 84.

12. „[…] οἱ ἐπιστήμονες τῆς Δύσεως διαχειρίζονται σχεδὸν μονοπωλιακὰ τὸν ἀρχαιοελληνικὸ πολιτισμὸ ὡς ζῶσα πνευματική τους ρίζα.“ [„ Die Wissenschaftler im Westen verwenden die antike griechische Kultur fast monopolartig als ihre lebendige geistige Wurzel.“] (Ramfos GA 13: 11). Vgl. auch die Ansichten zum Thema des orthodoxen Theologen und Philosophen Christos Yannaras, der jedoch in vielerlei Hinsicht andere Ansichten als Ramfos vertritt: Yannaras 2009. S. auch Makrides 1998.

13. „Ὅτι ἔπαιζα μπάλα στὸν Παρθενώνα μοῦ ἔδωσε μιὰ ψυχολογία ἀνέσεως μὲ αὐτὰ τὰ πελώρια δημιουργήματα […] εἶμαι ὡστόσο ἐλεύθερος ἀπέναντί τους.“ [„ Dass ich im Parthenon Fußball spielte, verlieh mir ein Gefühl der Gelassenheit angesichts dieser übermenschlichen Werke […] ich fühle mich ihnen gegenüber allerdings frei.“] (Ramfos 2012 c: 23).

14. Der Text dieser thèse wurde nach Ramfos’ Angabe nie vollständig als solcher veröffentlicht. In Griechenland erschienen Teile daraus in Ramfos’ eigener Übersetzung, es ist jedoch nicht ersichtlich, um welche Titel es sich hier handelt (Ibid.: 87).

15. Zu dem gesamten Experiment vgl. Soulié 2012.

16. Erschienen in französischer Sprache in der Schriftenreihe der Athener Akademie Φιλοσοφία [Philosophia] 1 (1971).

17. Φιλοσοφία [Philosophia] 2 (1972).

18. Griechische Edition 1978. Die Übersetzung ins Griechische fertigte bei diesem Buch wie auch bei allen folgenden Ausgaben der zunächst auf Französisch verfassten Werke der Autor selbst an.

19. Griechische Edition 1977.

20. Griechische Edition 1978.

21. Erschienen in der Zeitschrift Textures 12/13 (1975), griechische Edition 1976.

22. Die erste Veröffentlichung erfolgte in der französischen Zeitschrift Libre 8 (1980).

23. Die griechische Übersetzung erschien 1978.

24. „Ἄλλοι ἔμειναν στὸ Παρίσι· ἐγώ, ποὺ σιγά σιγὰ ἄρχιζα να χτίζω αὐτὸ τὸ θέμα, νὰ μὲ ἀπασχολῇ ὡς φιλοσοφικὸ πρόβλημα ἡ Ἑλλάδα, ἔπρεπε νὰ γυρίσω.“ (Ramfos 2012 c: 26).

25. „Μὲ εὐγνωμοσύνη σκέφθομαι ὅτι ἀπερρίφθη ἡ ὑποψηφιότητά μου στὸ Πανεπιστήμιο […] διότι θὰ βίωνα ὅλη τὴν περίοδο ἀπὸ τὸ ‘78 μέχρι σήμερα, περίοδο βαθειᾶς παρακμῆς τοῦ Πανεπιστημίου.“ [„ Mit Dankbarkeit denke ich daran, dass meine Bewerbung an der Universität abgelehnt wurde […] denn ich hätte die ganze Phase von 1978 bis heute miterlebt, eine Phase des völligen Niedergangs der Universität.“] (Ibid.: 22).

26. Makris 1983: 96–99 und Makrides 1998: 141.

27. Makrides 1998: 142.

28. Zu Ramfos und seinen Verbindungen zu den Neoorthodoxen s. unten Kapitel 2.5 Westorientierung Griechenlands und Gegenbewegungen.

29. Erschienen 1991.

30. Erschienen 1995.

31. Dazu unten Kapitel 6.3 Literatur im neoorthodoxen Kontext: Alexandros Papadiamantis.

32. Erschienen 2001.

33. Erschienen 2002.

34. Die Tradition des philosophischen Briefes an einen (fiktiven oder realen) Adressaten begründete Platon. In der Antike stellte der philosophische Brief eine besondere „Mitteilungsform philosophischer Prosa“ (Rahn 1969: 157) dar, die didaktische Inhalte mit autobiografischen Zügen verband (Cancik 1967: 48). Im Rückgriff auf diese antike literarische Tradition wurden auch in der Neuzeit wieder philosophische Briefe verfasst, wie etwa von Voltaire und Friedrich Schiller. In Ramfos’ „Brief“ verbinden sich hier die autobiographische Aufarbeitung seiner kommunistischen Vergangenheit mit der Behandlung marxistischer Themen in der Auseinandersetzung mit dem Mentor und Freund Castoriadis.

35. Castoriadis 1975. Mit der imaginären Konstitution der Gesellschaft unterstreicht er seine Auffassung, dass jede Gesellschaft auf der Basis ihrer Imagination bestehe. Die modernen Gesellschaftskonstruktionen des Kapitalismus und des Marxismus beriefen sich beide auf ein rational fundiertes imaginäres Konstrukt, und lägen daher weniger weit auseinander als es sich Marx oder andere Theoretiker des Kommunismus vorstellten. Castoriadis’ Einfluss auf die moderne Philosophie Frankreichs war maßgeblich.

36. Erstveröffentlichung 1982.

37. Erstveröffentlichung 1985, beide wiederveröffentlicht in der Gesamtausgabe 2010 als Band 5.

38. Erstveröffentlichung 1980, wiederveröffentlicht 1984, in der Gesamtausgabe als Band 6 im Jahr 2010.

39. Erstveröffentlichung 1988, wiederveröffentlicht in der Gesamtausgabe als Band 6 im Jahr 2010.

40. Erstveröffentlichung 1996, in der Gesamtausgabe ergänzt durch kleinere Texte, wiederum erschienen 2008.

41. Beide erschienen in Athen.

42. Paris 2010; deutsch: Empört Euch! Übersetzt von Michael Kogon, Berlin 2011.

43. Onlinepräsenz unter http://www.haef.gr. Alle Internetquellen zuletzt überprüft am 09.07.2017.

44. Erschienen 1999.

45. Gounelas 2001, 2013: 279–415. Zu Gounelas’ Kritik s. unten 25 f; 54; 245.

46. Ramfos 2006: 10 und öfter.

47. Onlineauftritt unter www.xen.gr.

48. Erstveröffentlichung 1995.

49. Erstveröffentlichung 1996.

50. So bezeichnet ihn Ilias Papagiannopoulos als einen „vernachlässigten Denker in der Diskussion um die Theologie der sechziger Jahre“ (Papagiannopoulos 2009: 125, Anm. 4.).

51. Zur Bedeutung der Philokalia in der Orthodoxie vgl. Louth 2012.

52. Ramfos GA 18: 10.

53. Ramfos GA 17: 11.

54. Onlineauftritt unter http://www.thf.gr.

55. Ramfos GA 16.

56. Petrunin: 2009; dazu die Rezensionen von Kristina Stöckl: 2010 und 2011.

57. „Απολαμβάνοντας τη νιτσεϊκή σύλληψη μιας ζωής που επανεκτιμά διαρκώς τους σκοπούς της, απορρίπτοντας ταυτόχρονα την ίδια την αξία του σκοπού, ο συγγραφέας ανοίγεται σε μια δημιουργική αναζήτηση της νιτσεϊκής αλήθειας και του υποκειμένου της.“ (Maras 2010).

58. Erschienen 2012.

59. Alle erschienen in der Reihe Μοῦσες [Muses] des Armos-Verlags in Athen.

60. Ramfos GA 18: 14.

61. „Ὅλες μου οἱ ἐργασίες ἀποτελοῦν κεφάλαια, παραρτήματα καὶ ὑποσημειώσεις ἑνὸς νοητοῦ βιβλίου, μίας καὶ μόνης ζητήσεως: Προσπαθῶ ἐπιλεκτικὰ νὰ ἐντοπίσω καὶ νὰ ἀναδείξω τὰ ζώπυρα τῆς ἐσωτερικότητος ποὺ ἐνέχει ἔργῳ ἢ δυνάμει ὁ ἑλληνικὸς πολιτισμός, γιὰ νὰ συμβάλω στὸν δημιουργικὸ ἐκσυγχρονισμὸ τοῦ νεοελληνικοῦ του παραβλαστήματος.“ (Ramfos GA 8: 9).

Isabella Schwaderer, "Einleitung: thematische Einführung,
Biographie und Chronologie des Gesamtwerks",
Platonisches Erbe, Byzanz, Orthodoxie und die Modernisierung Griechenlands.
Schwerpunkte des kulturphilosophischen Werkes von Stelios Ramfos
,
Erfurter Studien zur Kulturgeschichte des orthodoxen Christentums, Bd. 15
Berlin, Peter Lang, 2018, S. 11-29. (ISBN: 978-3-631-68129-9)